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Wie du den besten Ort zum Leben auswählst: Faktoren, die du für dein bestes Leben berücksichtigen solltest

Dr. Maren Ingrid Kropfeld
Impact MBA Programmdirektor, Professor für Nachhaltigkeit und Unternehmertum
Dr. Dr. Ana-Maria Olteteanu
Professor für Künstliche Intelligenz und nachhaltige Technologien

Wo solltest du wohnen, um dein bestes Leben zu leben?

Stell dir vor, du planst einen Umzug in eine neue Stadt oder ein neues Land und suchst einen Ort, an dem du dein bestes Leben führen kannst. Welche Faktoren würdest du in Betracht ziehen? Saubere Luft, Zugang zur Natur, ein lebendiges kulturelles Leben, wirtschaftliche Möglichkeiten oder vielleicht ein starker Gemeinschaftssinn? Traditionelle Maßstäbe wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legen zwar nahe, dass du dir die reichsten Länder ansiehst, aber diese Zahlen sagen nicht alles darüber aus, was zu einem guten Leben beiträgt.

Warum ist das BIP nicht das beste Maß für Wohlstand?

Auf der Suche nach dem idealen Ort zum Leben konzentrieren wir uns oft auf den wirtschaftlichen Wohlstand, gemessen am BIP. Aber ist das BIP wirklich das beste Maß für das Wohlbefinden? Sollten wir nicht auch die Qualität unserer Umwelt, unsere Gesundheit, unsere sozialen Beziehungen und unser allgemeines Glück berücksichtigen? In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, warum das BIP vielleicht nicht der beste Maßstab ist und warum alternative Messgrößen besser zeigen, wo du dich wirklich wohlfühlen kannst.

Die Grenzen des BIP als Maßstab für Wohlstand verstehen

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist seit langem das Maß aller Dinge, wenn es darum geht, die Wirtschaftsleistung eines Landes und damit auch das Wohlergehen seiner Bürger zu bewerten. Das von Simon Kuznets in den 1930er Jahren entwickelte BIP misst den Gesamtwert der in einem Land produzierten Waren und Dienstleistungen. Es wird oft als Kurzform verwendet, um den wirtschaftlichen Erfolg und damit auch den gesellschaftlichen Fortschritt zu messen.

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Das BIP als Maßstab für das Wohlergehen gerät jedoch zunehmend in die Kritik. Kritiker argumentieren, dass das BIP ein enger und oft irreführender Indikator dafür ist, was das Leben wirklich gut macht. Joseph Stiglitz, Amartya Sen und Jean-Paul Fitoussi weisen in ihrem"Bericht der Kommission zur Messung der Wirtschaftsleistung und des sozialen Fortschritts" auf mehrere grundlegende Fehler des BIP hin:

👉🏼 Erstens übersieht das BIP unbezahlte Arbeit, die einen wichtigen Beitrag zu unserem Leben leistet, wie z. B. Hausarbeit oder ehrenamtliche Arbeit, und es stellt den Wert staatlicher Dienstleistungen, einschließlich des Gesundheits- und Bildungswesens, unterbewertet dar.

👉🏼 Zweitens: Das BIP berücksichtigt nicht die Nachhaltigkeit des Wachstums. Es unterscheidet nicht zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten, die den Wohlstand steigern, und solchen, die unsere Umwelt schädigen, nicht erneuerbare Ressourcen verbrauchen oder sozialen Schaden anrichten. So können Aktivitäten, die zu Umweltverschmutzung führen, zwar das BIP erhöhen, aber sie verursachen auch langfristige Kosten für die Gesundheit und die Umwelt, die das BIP nicht erfassen kann.

👉🏼 Drittens ignoriert das BIP die Verteilung des Wohlstands innerhalb einer Gesellschaft. Ein Land kann ein hohes BIP haben, aber wenn sich dieser Reichtum in den Händen einiger weniger konzentriert, sagt es wenig über das Wohlergehen der Bevölkerung aus.

👉🏼 Schließlich erfasst das BIP viele Aspekte des Lebens nicht, die die Menschen schätzen, wie Gesundheit, Bildung, Freizeit und Umweltqualität. Wie Justin Fox in *The Economics of Well-Being* darlegt, kann das BIP den Fortschritt nicht vollständig messen, weil es die Lebensqualität nicht in seine Berechnungen einbezieht.

Entkopplung von Wirtschaftswachstum und ökologischem und sozialem Wohlergehen

Die Idee, Wirtschaftswachstum von ökologischen und sozialen Schäden abzukoppeln, ist ein zentrales Element der modernen Diskussionen über nachhaltige Entwicklung. Grünes Wachstum und verwandte Konzepte zielen darauf ab, die wirtschaftliche Entwicklung mit ökologischer Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen, oft durch Strategien, die die Umweltbelastung impact wirtschaftlicher Aktivitäten verringern.

Die Wirksamkeit dieser Ansätze ist jedoch umstritten. Kritiker argumentieren, dass die Bemühungen zur Entkopplung von Wachstum und Umweltzerstörung (Entkopplung erster Ordnung) zwar notwendig sind, aber nicht weit genug gehen. Für echte Nachhaltigkeit müssen wir auch das menschliche Wohlergehen vom unerbittlichen Streben nach BIP-Wachstum abkoppeln (Entkopplung zweiter Ordnung). Das bedeutet, dass wir die Art und Weise, wie wir Fortschritt und Wohlstand messen, überdenken und uns weniger auf die Wirtschaftsleistung und mehr auf die Lebensqualität, die Gesundheit der Umwelt und die soziale Gerechtigkeit konzentrieren müssen.

Wenn wir weiterhin den Schwerpunkt auf das BIP-Wachstum legen, laufen wir Gefahr, ein System aufrechtzuerhalten, das der Wirtschaftsleistung Vorrang vor dem wahren Wohlbefinden einräumt. Dies führt nicht nur zu Umweltzerstörung, sondern lässt auch soziale Ungleichheiten und die ganzheitlichen Bedürfnisse von Menschen und Gemeinschaften außer Acht. Wie das Konzept der Entkopplung zweiter Ordnung nahelegt, müssen wir neue Messgrößen entwickeln, die das komplexe Zusammenspiel von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Faktoren besser widerspiegeln.

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Was sind alternative Maßnahmen und Bewertungen des Wohlbefindens?

Da die Grenzen des BIP immer deutlicher werden, wurden mehrere alternative Messgrößen entwickelt, die ein umfassenderes Verständnis von Wohlbefinden vermitteln. Diese Maßstäbe berücksichtigen eine Vielzahl von Faktoren, von ökologischer Nachhaltigkeit bis hin zu sozialer Gerechtigkeit, und bieten ein umfassenderes Bild davon, was ein erfülltes Leben ausmacht. Hier sind einige wichtige Alternativen:

📊 Genuine Progress Indicator (GPI): Der 1996 von Redefining Progress eingeführte GPI geht über das BIP hinaus, indem er ökologische und soziale Faktoren in seine Berechnungen einbezieht. Er addiert positive Beiträge wie Freiwilligenarbeit und Haushaltsarbeit und zieht negative Effekte wie Umweltverschmutzung und Einkommensungleichheit ab. Dies gibt ein genaueres Bild von der wirtschaftlichen Gesundheit einer Nation und dem Wohlergehen ihrer Bürgerinnen und Bürger.

🌱 Happy Planet Index (HPI): Der HPI wurde von der New Economics Foundation entwickelt und kombiniert Wohlbefinden, Lebenserwartung und ökologischen Fußabdruck. Dieser Index gibt Aufschluss darüber, wie effektiv die Länder ihre Umweltressourcen nutzen, um ihren Bürgern ein langes, glückliches Leben zu ermöglichen. Er stellt die Vorstellung in Frage, dass mehr Reichtum gleichbedeutend mit besserer Lebensqualität ist.

🌟 Index der menschlichen Entwicklung (HDI): Der HDI der Vereinten Nationen stuft Länder nach Lebenserwartung, Bildung und Pro-Kopf-Einkommen ein. Indem er sich auf diese Dimensionen konzentriert, bietet der HDI einen breiteren Blick auf die menschliche Entwicklung und hilft dabei, Bereiche zu identifizieren, in denen sich Länder verbessern können.

🔄 Index des sozialen Fortschritts (SPI): Der SPI misst, inwieweit die Länder die menschlichen Grundbedürfnisse, die Grundlagen des Wohlbefindens und die Chancen auf Fortschritt erfüllen. Er bewertet eine breite Palette von Sozial- und Umweltindikatoren und vermittelt so ein differenziertes Bild des sozialen Fortschritts eines Landes und der Bereiche, die Aufmerksamkeit erfordern.

😊 Welt-Glücks-Bericht: Dieser von den Vereinten Nationen veröffentlichte Bericht erstellt eine Rangliste der Länder auf der Grundlage des selbstberichteten Wohlbefindens der Bürger. Dabei werden Faktoren wie soziale Unterstützung, Entscheidungsfreiheit und Großzügigkeit berücksichtigt, was ihn zu einem wertvollen Instrument macht, um zu verstehen, wie verschiedene Gesellschaften das Glück fördern.

🔍 Better Life Index: Dieses von der OECD entwickelte interaktive Tool ermöglicht es den Nutzern, die Leistung der Länder in verschiedenen Bereichen zu bewerten, die für die Lebensbedingungen und die Lebensqualität entscheidend sind, z. B. Wohnen, Einkommen, Arbeit, Gemeinschaft, Bildung, Umwelt, Regierungsführung, Gesundheit, Lebenszufriedenheit, Sicherheit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

"Spiel mit dem Better Life Index"

Durch die Erforschung dieser alternativen Messgrößen können wir ein ganzheitlicheres Verständnis von Wohlbefinden gewinnen, das über die Wirtschaftsleistung hinausgeht und die vielschichtige Natur des menschlichen Glücks und der ökologischen Nachhaltigkeit berücksichtigt.

Was wäre DEIN Maßstab für Wohlbefinden?

Die Definition dessen, was Wohlbefinden ausmacht, ist von Natur aus subjektiv und kann von Mensch zu Mensch stark variieren. Manche legen Wert auf wirtschaftliche Stabilität und Karrierechancen, während für andere die Umweltqualität, die Gemeinschaft oder das kulturelle Leben wichtiger sind. Was würdest du bevorzugen?

Um herauszufinden, welches Land auf der Grundlage deiner Werte und Prioritäten am besten zu dir passen würde, kannst du mit dem Besser Leben Index. Mit diesem Tool kannst du die Wichtigkeit verschiedener Faktoren wie Wohnen, Einkommen, Arbeit, Gemeinschaft, Bildung, Umwelt, Regierungsführung, Gesundheit, Lebenszufriedenheit, Sicherheit und Work-Life-Balance einstellen, um herauszufinden, welche Stadt oder welches Land am besten zu deinen idealen Bedingungen für ein erfülltes Leben passt.

Gestalte deine Wohlfühlmessung und finde heraus, welche Orte für dich am besten geeignet sind!

Bist du bereit, an einen Ort zu ziehen, an dem du dein bestes Leben leben kannst? Vielleicht noch nicht. Vielleicht gibt es Faktoren, die der Better Life Index nicht berücksichtigt, die aber für dich wichtig sind. Welche sind das?

Das Spiel mit dem Better Life Index wird dich vielleicht noch nicht davon überzeugen, deine Koffer zu packen (vielleicht aber auch nicht!), aber es regt dich definitiv dazu an, darüber nachzudenken, was im Leben wirklich wichtig ist! Du kannst deine Erfahrungen und deinen "besten Platz" gerne mit anderen teilen! Je mehr wir die verschiedenen Faktoren verstehen, die zum Wohlbefinden beitragen, desto besser sind wir in der Lage, ein Umfeld zu schaffen, das eine hohe Lebensqualität für alle fördert.

Geschrieben von:

Dr. Maren Kropfeld, Professorin für Nachhaltigkeit und Unternehmertum

Prof. Dr. Dr. Ana-Maria Olteteanu, Professorin und Programmdirektorin für Artificial Intelligence and Sustainable Technologies

Quellen

📖 Fox, Justin (2012). The Economics of Well-Being. Harvard Business Review. Januar-Februar 2012. https://hbr.org/2012/01/the-economics-of-well-being

Kuznets, S. (1934). "National Income, 1929-1932". 73. U.S.-Kongress, 2. Sitzung, Senatsdokument Nr. 124, Seite 5-7. https://fraser.stlouisfed.org/title/971

Göpel, M. (2016). The Great Mindshift. Springer Cham.

Parrique T., Barth J., Briens F., C. Kerschner, Kraus-Polk A., Kuokkanen A., Spangenberg J.H., (2019). Decoupling debunked: Beweise und Argumente gegen grünes Wachstum als alleinige Strategie für Nachhaltigkeit. European Environmental Bureau.

UNEP (2011) Decoupling natural resource use and environmental impacts from economic growth, A Report of the Working Group on Decoupling to the International Resource Panel. Fischer-Kowalski, M., Swilling, M., von Weizsäcker, E.U., Ren, Y., Moriguchi, Y., Crane, W., Krausmann, F., Eisenmenger, N., Giljum, S., Hennicke, P., Romero Lankao, P., Siriban Manalang, A., Sewerin, S.https://www.resourcepanel.org/reports/decoupling-natural-resource-use-and-environmental-impacts-economic-growth

Weltbankgruppe (2024). GPD. https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.MKTP.CD

Dr. Maren Ingrid Kropfeld
Impact MBA Programmdirektor, Professor für Nachhaltigkeit und Unternehmertum
Dr. Dr. Ana-Maria Olteteanu
Professor für Künstliche Intelligenz und nachhaltige Technologien
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